Die Floßsaison startet Anfang Mai. Die Auftragsbücher sind jetzt schon voll. Doch obwohl die Tradition so beliebt ist, wird es immer schwieriger für die Flößer, ihren alten Beruf auszuüben.
„So einen Frühlingsanfang habe ich lange nicht erlebt“, sagt der Wolfratshauser Floßmeister Josef Seitner. „Das ganze Naturschauspiel auf dem Wasser und die volle Blüte am Ufer kann man jetzt schon genießen.“ Seinen Passagieren verspricht er einen „traumhaften Blick“. Seitner geht heuer mit drei Flößen ins Rennen, die täglich zum Einsatz kommen: „Wir fahren bis September jeden Tag von der Floßlände in Weidach ab.“ Pro Monat stehen seine Flößer „40 bis 50 Mal“ auf dem Holzgefährt. Vor allem Firmen haben Fahrten auf Loisach und Isar gebucht. „Das kam in den vergangenen Jahren nicht mehr so oft vor“, berichtet Josef Seitner.
Auch der zweite Wolfratshauser Flößereibetrieb steht Gewehr bei Fuß. „Wir sind ausgebucht“, berichtet Monika Heidl-Seitner, Geschäftsführerin im Unternehmen ihres Vaters Franz Seitner. Wie in den Vorjahren sei das Auftragsbuch bereits vor Saisonstart voll gewesen. „Wir fahren jede Woche von Donnerstag bis Sonntag“ täglich mit zwei Flößen – „samstags sind alle drei im Einsatz“, sagt Heidl-Seitner.Die Baumstämme für die Holzgefährte stammen aus dem Staatsforst in Straßlach. An Ort und Stelle wurden die gefällten Fichten „geschäpst“, das heißt, entrindet. „Alles Handarbeit“, betont Heidl-Seitner. Die drei Flöße, zusammengebaut aus jeweils 18 Baumstämmen, sind neun Meter breit, 18 Meter lang und wiegen ohne Gäste, Bänke und Handwerkszeug rund 20 Tonnen. „Die sind bereits fertig“, sagt die Geschäftsführerin. Ihre Mitarbeiter haben ein bisschen mehr Zeit, bis der Startschuss fällt: Franz Seitner und seine Männer legen erst am 5. Mai ab. „Optimal wäre, wenn es heuer mal ein paar Tage regnet, aber nicht zu stark“, erklärt Heidl-Seitner. Dann sei stets genügend Fahrwasser vorhanden. Starkregen hingegen sei Gift fürs Geschäft: „Im vergangenen Jahr mussten wir wahnsinnig viele Fahrten wegen Hochwasser absagen“, sagt Franz Seitner.
Der Arzbacher Michael Angermeier baut mit seiner Mannschaft 120 Bäume zu sechs schwimmenden Gefährten zusammen – ab 1. Mai geht’s täglich unterhalb der Wolfratshauser Marienbrücke auf große Fahrt nach München. 120 Fichten hat Angermeier im Herbst in Vorderriß, Kreuth und Unterammergau fällen lassen – bei abnehmenden Mond. Alle Bäume sind zwischen 70 und 90 Jahre alt. Angermeier hofft auf eine unfallfreie und gute Saison. Momentan ist der Wasserstand auf der Isar nach seinen Worten gut. Die Floßrutschen an den Kraftwerken sind inspiziert und auch der unverbaute Teil des Isarbetts. „Die Skilifte sind im Winter rund 120 Tage gelaufen, das wäre auch für uns schön: Über 100 Tage Floß fahren“, sagt der Floßmeister und lächelt. Aber er zitiert seine Vorfahren: Viel Schnee im Winter, wenig Wasser im Sommer. Grundsätzlich werde es immer schwerer, den jahrhundertealten Beruf auszuüben, bedauert Angermeier. „Der Bürokratismus nimmt immer mehr zu, das macht mir Sorgen.“ Er vermisse oft die für seine Zunft notwendige Unterstützung. Verbände und Behörden seien bisweilen engstirnig. Der Arzbacher hat die Erfahrung gemacht: „Alle finden die Flößerei beeindruckend, aber wenn es darauf ankommt, steht mancher nur halbherzig dahinter.“ In der Diskussion über den Freizeitwert der Isar vermisst Angermeier das rechte Augenmaß. „Ich ärgere mich immer wieder, wenn Flößer und Schlauchbootfahrer in einem Atemzug genannt werden.“ Die Flöße fahren nach seinen Angaben zusammengerechnet nur eine Stunde am Tag durch die Pupplinger Au, und keiner der Passagiere gehe an Land. Die Freizeitkapitäne würden dagegen an schönen Tagen bis zu zehn Stunden täglich das Landschafts- und Naturschutzgebiet bevölkern. Die Flößer, das betont Angermeier, wüssten im Gegensatz zu den Paddlern sehr sehr wohl, wie wichtig eine intakte Umwelt für alle ist.
Dominik Stallein/ Alois Ostler